Wenn Horst Lichter am Ende von "Bares für Rares" den Auktionsraum betritt und den Händlern ins Gewissen redet, muss etwas Außergewöhnliches vorgefallen sein. An diesem Mittwoch das der Fall: "Sagt mal Ihr Lieben, was war denn hier los?", will der Moderator wissen. "Mir stehen die Haare hoch - sowas habe ich ja noch nie erlebt."
Lichter erinnert die fünf Anwesenden an ihre Rolle: "Ihr seid ja Händler, ihr müsst verkaufen - ihr kauft ja nicht als Liebhaber." Mit rationalem Denken habe das nichts zu tun, lautet die Rechtfertigung. "Daran sieht man mal, dass wir Händler auch ein Herz haben."
Das Objekt, das diesen Wahnsinn ausgelöst hat, ist das Gemälde einer Sphinx. Es stammt von dem Ehepaar Waltraud und Volker Olbertz aus Telgte , in deren Wohnung es kaum Beachtung findet. "Es hat ein besseres Dasein verdient."
Ein Gemälde aus dem 19. Jahrhundert bei "Bares für Rares"
Colmar Schulte-Goltz liefert Hintergründe zu dem Werk, das er als "ein Dokument für die Sehnsucht nach der Ferne und dem Fremden" bezeichnet. Das 19. Jahrhundert sei das große Zeitalter des Reisens gewesen. Der Maler dieses Bildes, Louis Douzette, sei finanziell allerdings nicht in der Lage gewesen, eine Ägyptenreise zu machen, erläutert der Experte. Das Werk aus dem Jahr 1966 ist also komplett seiner Fantasie entsprungen.
Die Sphinx, erklärt Schulte-Goltz weiter, sei 4000 Jahre alt. Der Name bedeute "die Erwürgende". Die Sphinx, so laute die Sage, gebe Reisenden Rätsel auf. Und wenn sie diese nicht lösen könnten, würden sie erwürgt.
Keine schöne Vorstellung. Vielleicht deshalb wären Waltraud und Volker Olbertz bereit, das Bild schon für 400 bis 500 Euro herzugeben. Doch Schulte-Goltz macht ihnen Hoffnung auf mehr: "Das Besondere verkauft sich immer besonders gut", leitet er seine Expertise ein: Auf 1200 bis 1400 Euro taxiert er das Bild.
Begeisterung im Händlerraum
Die Händler geraten beim Anblick ins Schwärmen. Fabian Kahl steigt gleich mit 1000 Euro ein - und verdoppelt damit gleich schon mal den Wunschpreis der Verkäufer, die staunend zusehen, wie der Preis schnell auf 5000 Euro in die Höhe schießt - und damit auch den Schätzwert weit hinter sich lässt.
Waltraud Olbertz unternimmt einen zaghaften Versuch, dem irren Treiben Grenzen zu setzen, indem sie erwähnt, dass die Expertise bereits übertroffen wurde. Doch ihre Worte finden keine Beachtung - es geht munter weiter. Bei 6000 Euro steigt Wolfgang Pauritsch aus, und es bleiben nur noch Fabian Kahl und David Suppes im Rennen.
Das sind die Händler bei "Bares für Rares" – Wetten, dass Sie nicht alle kennen?
Was wäre "Bares für Rares" ohne seine 80 Euro: Das ist das Lieblingsstartgebot von Walter Lehnertz, der von allen nur "Waldi" genannt wird. Der gelernte Pferdewirt stammt aus Prüm in der Eifel und betreibt dort einen Antiquitätenhandel. Seine lockeren Sprüche wie "Ich fang dann mal mit 80 Euro an" (selbst wenn das Objekt erkennbar ein Vielfaches wert ist) oder "Engelschen" (so nennt er viele Verkäuferinnen) oder "Prügel" (seine Bezeichnung für Kunstobjekte) machen ihn zum Publikumsliebling. Ein Bieterduell mit Lehnertz kann teuer werden: Er mag ausgefallene Objekte wie alte Spielautomaten oder Militaria und bezahlt dafür gern auch deutlich mehr als den Schätzpreis. So bot er für einen alten Kicker 1750 Euro, obwohl die Expertise nur bei 600 Euro lag.
Bei 7000 Euro gibt Pauritsch eine treffende Beschreibung der Situation: "Das ist das Schöne bei Auktionen: Da weiß man nie, was passiert. Wenn man zwei oder drei Menschen hat in eine Raum, die ein Stück haben wollen, dann passieren unglaubliche Dinge", erklärt der Händler. Doch auch dabei bleibt es nicht. Bei 7300 Euro erhält am Ende Fabian Kahl den Zuschlag. Und liegt damit satte 6000 Euro über dem Schätzwert.
Die glücklichen Verkäufer hatten hinterher nur ein Wort für den Vorgang: "Wahnsinn!".