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Champions League 2:0 für die Bundesliga: Warum der deutsche Fußball stärker ist, als er glaubt

FC Bayern nach dem gewonnenen Viertelfinale gegen Arsenal London
Geht doch: Die Bayern nach dem Sieg am Mittwochabend gegen Arsenal London
© ddp Images
Borussia Dortmund und der FC Bayern ziehen ins Halbfinale der Champions League ein – und widerlegen die Marktlogik, wonach es Milliardensummen von Investoren braucht, um sportlichen Erfolg zu haben. 

Joshua Kimmich ist am Mittwochabend in der Münchener Allianz Arena geradezu Wundervolles gelungen: Mit seinem Flugkopfball in der 64. Minute erzielte er zwei Tore. Kimmich brachte seine Mannschaft, den FC Bayern, 1:0 in Führung gegen Arsenal London, und zugleich traf er zum 2:0 für Deutschland. 

Denn auch so können die beiden jüngsten Erfolge des FC Bayern München und von Borussia Dortmund im Viertelfinale der Champions League gelesen werden: Es sind Siege der Bundesliga, jener Plattform, die noch vor wenigen Wochen für international nicht mehr konkurrenzfähig erklärt wurde. Und zwar von ihrem eigenen Eigentümer, der in Frankfurt ansässigen Deutschen Fußball-Liga (DFL). 

Die Wehklagen über die vermeintlichen Wettbewerbsnachteile des deutschen Modells werden nun verstummen. Sie sind eindrucksvoll von der Realität auf dem Rasen widerlegt worden. Borussia Dortmund hat sich durch eine schwere Gruppe gekämpft mit Gegnern wie Paris St. Germain, Newcastle United und AC Mailand, die allesamt finanzstärker sind als die Schwarzgelben. In der K.o.-Phase schlugen sie zunächst Eindhoven und dann, am Dienstagabend, in einem rauschhaften Spiel, Atletico Madrid. 

Neidvoller Blick nach England

Der Weg der Bayern war etwas leichter, aber auch sie setzten sich gegen Klubs durch, die mit Investorengeldern aufgepumpt sind. Gruppengegner Manchester United ist mehrheitlich im Besitz der amerikanischen Unternehmerfamilie Glazer, die ihre Aktiengesellschaft auf den Kaimaninseln registriert hat. Arsenal London, Kontrahent im Achtelfinale, wird vom Amerikaner Stan Kroenke kontrolliert, der auch Eigentümer des NBA-Klubs Denver Nuggets und des Eishockeyteams Colorado Avalanche ist und Anteile am Footballteam Los Angeles Rams hält. 

Seit Jahren schon schaut die DFL neidvoll auf die englische Premier League. Dort spielen die größten Stars, dort wird das meiste Geld mit dem Verkauf von Fernsehrechten verdient. So erhält etwa der Tabellenletzte der Premier League mehr TV-Gelder als der langjährige deutsche Branchenführer Bayern München. In den Augen der DFL bedeutet dies eine Unwucht, eine Marktverzerrung, der man begegnen wollte, indem man dem englischen Weg folgt und sich für Investoren öffnet. 

Sieg der Quertreiber und Anarchisten

Dieser Plan wurde Ende Februar aufgegeben, nachdem es über Wochen Fan-Proteste gegeben hatte und Tennisbälle auf den Rasen geregnet waren. Die DFL zog sich zurück, nicht ohne beleidigt darauf hinzuweisen, dass sich der deutsche Fußball selbst am meisten schade. Der Subtext ihrer Botschaft lautete: Wenn ihr das Investorengeld so sehr verteufelt, liebe Fans, dann dürft ihr euch auch nicht wundern, wenn eure Mannschaften nichts mehr gewinnen in Europa und zu Zulieferbetrieben für die Premier League schrumpfen. 

Tatsächlich haben Bayern und Dortmund noch nichts gewonnen, sie sind lediglich ins Halbfinale der Champions League eingezogen. Doch vor allem der Dortmunder Etappensieg zeigt, dass die Marktlogik, wonach viel Geld zwingende Voraussetzung für sportlichen Erfolg ist, durchbrochen werden kann durch cleveres Coaching und leidenschaftlichen Kampf.

Zugleich ist das Halbfinal-Tableau mit zwei deutschen Mannschaften nicht mehr als eine Momentaufnahme. An den grundsätzlichen Kräfteverhältnissen im europäischen Fußball hat sich nichts geändert. Die Premier League bleibt weiterhin der Sehnsuchtsort Nummer eins für die besten Bundesligaspieler – und Dortmund, Leipzig und Leverkusen werden ihre größten Talente auch künftig ziehen lassen müssen.

Und doch zeigt diese Champions League-Saison auf, welche Rolle die deutschen Vereine – mit Ausnahme der vergleichsweise gut situierten Bayern – in den nächsten Jahren übernehmen könnten in Europa. Nämlich die der Spielverderber, der Anarchos, der Quertreiber. Champions League, das ist seit dieser Woche nicht mehr nur der wohltemperierte Außenristpass von Reals Madrids Toni Kroos oder das Tempodribbling von Paris St. Germains Kylian Mbappé. Es ist auch die eingesprungene Grätsche von Dortmunds Nico Schlotterbeck und der Wuchtbrummen-Kopfball von Niclas Füllkrug.