Dealer foltern Drogen-Kurier: Polizei ergreift ungewöhnliche Maßnahme
Normalerweise hält sich die Polizei bedeckt, wenn es um Auskünfte zu laufenden Verfahren geht. Oft werden diese erst zu Ende ermittelt, bevor konkrete Ergebnisse präsentiert werden, zumindest muss es Beschuldigte geben. Bei einem Fall Ende Januar, wo es um den Fund einer riesigen Menge Marihuana ging, war das etwas anders. Und das offenbar aus gutem Grund.
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Normalerweise hält sich die Polizei bedeckt, wenn es um Auskünfte zu laufenden Verfahren geht. In der Regel werden diese erst zu Ende ermittelt, bevor konkrete Ergebnisse präsentiert werden, zumindest muss es Beschuldigte geben. Bei einem Fall Ende Januar, wo es um den Fund einer riesigen Menge Marihuana ging, war das etwas anders. Und das aus gutem Grund.
In Anbetracht des Ausmaßes und der Menge war es eine relativ kurze Meldung: Um 14 Uhr sei den Beamten des Drogendezernats am Alten Teichweg (Dulsberg) ein Transporter aufgefallen, „im Zuge eines Einsatzes“, wie es hieß. Mehrere Männer hätten sich verdächtig verhalten und sich vom Wagen entfernt.
Es habe sich der Verdacht erhärtet, dass in dem Fahrzeug Drogen transportiert wurden. Bei der Durchsuchung hätten die Beamten dann rund 55 Kilogramm Marihuana gefunden, aufbewahrt in zahlreichen Umzugskartons. Damit endet die Pressemitteilung.
Drogendeal in Hamburg: Hintermänner glauben Kurier nicht
Warum die Polizei diese Meldung, die sie sonst in der Form und bei dem Sachstand vermutlich nicht aufgeschrieben hätte, offenbar dennoch veröffentlichte: Der Transporterfahrer soll von den Tätern, die hinter der Marihuana-Lieferung stecken, gekidnappt und gefoltert worden sein. Sie machten ihn für das Abhandenkommen der Ware verantwortlich, dachten, er würde das Gras auf eigene Rechnung verkaufen. Dass die Polizei die Ware hatte, glaubten sie ihm offenbar nicht.
Da die Polizei in der Sache ermittelte und sie Informationen über die Folter erlangt hatte, entschied sie sich für die eher untypische Pressemitteilung – als Signal: Wir haben die Ware, nicht der Mann, den ihr foltert.
Hamburger Drogendealer sollen Komplizen gefoltert haben
Brisant: Die Hintermänner sollen in einen sogenannten Hanf-Club nordwestlich von Hamburg investiert haben, der durch die am Freitag im Bundesrat beschlossene Cannabis-Legalisierung als Basis für eine legale Produktion dienen soll. Tausende Euro sollen in den Club geflossen, die sichergestellten 55 Kilo Gras für ebenjenen bestimmt gewesen sein. Andere Gruppen aus dem Drogenmilieu sollen nach MOPO-Informationen ähnliche Investitionen getätigt haben.
„Es tritt das ein, was wir von Anfang an befürchtet haben“, sagt Jan Reinecke vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) zur MOPO. Hanf-Clubs würden zum Zentrum für Geldwäsche und die illegale Einfuhr von Drogen missbraucht werden. „Wir werden nicht nachvollziehen können, ob das Marihuana von der Fensterbank oder von einem Club kommt.“ Ohnehin sei nicht einmal geklärt, wer diese Clubs überhaupt überwachen soll. Reinecke: „Jeder Politiker, der diesen Wahnsinn nicht aufhält, unterstützt indirekt die Organisierte Kriminalität.“
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Innensenator Andy Grote (SPD) sieht das ähnlich. Angesprochen auf den aktuellen Fall, sagte er dem „Abendblatt“: „Sollte sich das so bestätigten, wollten hier offenbar Schwerstkriminelle die neuen gesetzlichen Möglichkeiten zur Einrichtung von Cannabis Social Clubs nutzen, um unter diesem Deckmantel ihr kriminelles Geschäft zielstrebig und lukrativ weiterzuentwickeln.“
Jungfer: „Bei Dealern dürften heute die Korken knallen“
Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) blickt mit Sorge in die Zukunft: Er geht davon aus, dass zukünftig sogar noch mehr Menschen Cannabis konsumieren werden.
„Mit dem Gesetz kann die Organisierte Kriminalität hervorragend leben und sich auch auf Kinder und Jugendliche fokussieren.“ Der Markt werde größer, der Schwarzmarkt belebt und nicht ausgetrocknet. „Bei Dealern dürften heute die Korken knallen – herrliche Zeiten für ihr Geschäft.“