Der Kauf einer neuen Uhr war früher eine unkomplizierte Sache. Grundlegend sollten sie für die meisten nämlich nur eines: die aktuelle Uhrzeit anzeigen. Bei klassischen Taschenuhren, die in den schicken Anzügen des frühen 20. Jahrhunderts steckten, waren edles Material und robuste Bauweise überaus wichtig. Die Armbanduhr trug man offen am Handgelenk, weshalb besonderer Wert auf Design und Minimalismus gelegt wurde. Aber auch auf eine gute Passform wurde nun vermehrt geachtet, sonst landeten verrutschende Armbänder nur allzu gerne beim Händewaschen im Waschbecken.
Mit der Einführung des Handys verschwand die Armbanduhr mehr und mehr von den Handgelenken. Mobiltelefone und ihre Nachfolger, die Smartphones, wussten die Zeit ebenso und waren bald überall präsent. Für die Armbanduhr schien die Zeit abgelaufen. Seit einigen Jahren jedoch ist sie wieder da. Sie hat sich Features der Smartphones geholt, kommuniziert mit ihnen und man sieht sie wieder an den Handgelenken der Menschen. Man könnte sagen: Die Armbanduhr ist schlau geworden und hat sich neu erfunden.
Schlaue Uhren können mehr
Smarte Uhren werden aktuell mit dem Oberbegriff »Wearables« zusammengefasst. Darunter versteht man elektronische Tracker, die sich unmittelbar am Körper befinden. Die Gemeinsamkeit der Wearables: Sie messen Körperwerte und zeichnen die Ergebnisse auf. Zu den Wearables zählen nicht nur Uhren. Inzwischen gibt es auch smarte Ringe, Kleidung oder Brillen, die allerdings bisher wenig etabliert sind. Das lässt einen unweigerlich zuerst an den Einsatz beim Sport und im Fitness-Bereich denken. Couch-Potatos zählen ihre täglichen Schritte, Leichtathletik-Profis überwachen mit Wearables Puls, Atmung und Blutdruck beim Training. Im Gesundheitswesen werden spezielle medizinische Wearables eingesetzt, beispielsweise bei älteren Personen, die regelmäßig an ihre Medikamenten-Einnahme erinnert werden müssen oder zur Früherkennung von Krankheiten.
Zu den gängigsten Alltags-Wearables zählen Fitness-Tracker, Sportuhren und Smartwatches. Was genau hinter den Kategorien steckt, ist aber oft unklar. Das liegt vorwiegend daran, dass die Hersteller es einem nicht leicht machen und ihre Uhren gerne den verschiedensten Bezeichnungen zuordnen, ohne dass die Produkte die Versprechen auch einhalten. Nur allzu oft stolpert man mal über den Fitness-Tracker, der als Smartwatch deklariert wird, jedoch keine der typischen Fähigkeiten einer Smartwatch beherrscht. Das macht die Suche nach dem passenden Wearable nicht leicht. Vor der Kaufentscheidung sollte man sich selbst deshalb einige Fragen stellen:
- Wie viel möchte ich ausgeben?
- Bin ich sportlich aktiv und plane, meine Fitness zu steigern?
- Sind mir zusätzliche Apps wichtig?
- Welches Betriebssystem hat mein Smartphone?
Hat man die passenden Antworten parat, lässt sich der Markt viel einfacher eingrenzen. Das hilft, ein Wearable zu finden, das langfristig glücklich macht.
Unsere Aufteilung stellt keine allgemeingültige Definition dar. Sie dient zur besseren Übersicht und Abgrenzung der Produkte.
Fitness-Tracker: Preiswerter Einstieg
Einen kostengünstigen Start in die Welt der Wearables bieten Fitness-Tracker. Einfache Uhren erhält man bereits ab zehn Euro. Wirklich empfehlenswerte Modelle liegen zwischen 20 und 50 Euro. Trotz der vergleichsweise niedrigen Preise handelt es sich bei Fitness-Trackern um mehr als nur eine technische Spielerei. Am Namen lässt sich bereits erkennen, dass die Geräte über Tracking-Funktionen verfügen: Damit hat man die Körperfunktionen immer im Blick.
Fitness-Tracker sind perfekt für alle sportlich Begeisterten, die beim Joggen ihre Atmung kontrollieren und die Herzfrequenz überwachen wollen. Die meisten Geräte zeigen all diese Werte nicht nur kurz an, sie speichern die Daten auch. So kann man sich alle wichtigen Eckdaten nach dem Training anzeigen lassen und seinen Trainingsplan danach neu ausrichten.
Nicht nur beim Sport arbeitet der Körper, im Schlaf regeneriert er sich von den Alltagsstrapazen. Bestenfalls befindet er sich dafür lange in der Tiefschlafphase. Ein Fitness-Tracker überwacht die Schlafphasen, was gerade bei chronischen Schlafproblemen nützlich sein kann.
Auf der Suche nach einer smarten Uhr für den Nachwuchs? Wir haben sie getestet. Hier geht’s zu unserem Testbericht der besten Smartwatch für Kinder.
Ganz gleich, ob der Puls, die verbrannten Kalorien, die zurückgelegten Schritte oder auch die Schlafanalysen mit dem Fitness-Tracker dokumentiert werden: Damit alle Features genutzt werden können, ist die Verbindung mit einem Smartphone nötig. Koppeln lassen sich die Systeme über eine Bluetooth-Verbindung. Die Ausnahme sind Fitness-Tracker ohne Bluetooth. Sie sind nicht ganz so smart und beherrschen nur die Grundlagen: Dazu zählen der Kalorienverbrauch und Schrittmessungen.
Die Hersteller bieten für jeden Fitness-Tracker die passende App, die mit der schlauen Uhr kommuniziert. In der App lassen sich persönliche Fitnessziele eintragen und regelmäßige Erinnerungen aktivieren. In festgelegten Zeitabständen wird man auf die Mindestzahl an täglichen Schritten hingewiesen oder erhält eine Nachricht bei zu langem Sitzen.
Ganz ohne Handy und App zählen die Tracker nicht zu den cleversten Kameraden unter den neuen Uhren. Beispielsweise verfügen die Tracker selbst nicht über ein integriertes GPS. Daten und Informationen beziehen sie über das mit ihnen verbundene Smartphone. Einfache Tracker haben nur wenig eigene Sensoren, mit denen sie den Körper messen. Bei Hochwertigen können es je nach Umfang mehr sein. Allerdings darf man die Genauigkeit der erhobenen Daten nicht überschätzen. Die Auswertungen können nur der Orientierung dienen. Um wirklich genaue Messungen durchzuführen, sind hochwertigere Messinstrumente als ein Fitness-Tracker nötig.
Mit Blick auf den Preis sind diese Nachteile allerdings nachvollziehbar. Gleichzeitig ergibt sich aus dem begrenzten Umfang ein Vorteil: Die Akkus der meisten Fitness-Tracker halten deutlich länger durch als bei Smartwatches oder Sportuhren. Die sparsamen Akkus lassen sich sogar bis zu mehrere Wochen benutzen, ohne sie wieder aufzuladen.
Wer nicht allzu viel für seine smarte Uhr ausgeben möchte und trotzdem seine grundlegenden Daten im Alltag überwachen will, ist mit einem Fitness-Tracker gut beraten.
Sportuhren: Vermessene Bewegungen
Wem ein Fitness-Tracker zu wenige Funktionen bietet, der sollte sich bei den Sportuhren umsehen. Diese Wearables sind in aller Regel wasserdicht und mit GPS ausgestattet. Entsprechend muss man mehr Geld in die Hand nehmen als bei einem Fitness-Tracker. Einfache Sportuhren starten mit Blick auf unseren Testbericht bei 50 Euro, umfangreiche Profi-Uhren kosten rund 800 Euro.
Eine Sportuhr kann bei den verschiedensten Sportarten gezielt eingesetzt werden. Welches Modell sich eignet, hängt vorwiegend von der Sportart ab, die getrackt werden soll. Gerade höherpreisige Sportuhren setzen Schwerpunkte in ihren Funktionen. Achten Sie darauf, für welche Sportart sich das Modell Ihrer Wahl besonders eignet. Tauchen, Schwimmen, Klettern oder Segeln? Wählen Sie ein Modell, dass der Hersteller für diese Sportart deklariert hat. In Kombination mit einem eingebauten Höhenmeter sind Sportuhren beispielsweise durchwegs perfekt für Wandertouren und kleine Kletterausflüge. Unternimmt man lieber Bootstouren, sollte das Modell über ein integriertes Barometer verfügen.
Wie bei den Fitness-Trackern steht hinter jedem Device eine speziell auf das Modell abgestimmte App, die sowohl die jeweilige Spezialisierung als auch die dazugehörigen Trainingsprogramme und Informationen unterstützend zur Verfügung stellt. Einige Uhren liefern beispielsweise detailgenaues Kartenmaterial von Golfplätzen. Unser Testsieger, die Garmin Venu 3, hilft etwa Rollstuhlfahrern mit geeigneten Übungen, ihre Körperfunktionen auf Vordermann zu bringen.
Überdies geben die geplanten Einsatzgebiete auch Hinweise, welches Display die passende Sportuhr benötigt. Bei Wanderausflügen sind lange Akkulaufzeiten besonders wichtig, was zum Beispiel eine Stärke der MIP-Displays ist. Indoor-Sportarten hingegen profitieren vorwiegend von hoher Auflösung, die vor allem bei AMOLED-Displays erreicht werden. Sie beherrschen tolle Farbwiedergabe, schwächeln aber gerne in Bezug auf den Akku.
Hat man sich für eine Sportuhr entschieden, sollte man sich vor dem Kauf erkundigen, ob die Krankenkasse einen Teil der Kosten übernimmt. Viele Kassen unterstützen tatsächlich den Kauf einer Sportuhr, da diese vorwiegend zur Verbesserung der körperlichen Gesundheit genutzt werden. Welche Förderung zu erwarten ist, lässt sich dieser Übersicht entnehmen.
Smartwatches: Die Alleskönner
Eine Smartwatch ist die richtige Wahl für alle, die ihr Wearable als Erweiterung zum Handy nutzen möchten. Smartwatches können telefonieren und texten. Das Handy kann problemlos in der Tasche bleiben, die Smartwatch übernimmt die Jobs vom Handgelenk aus. Über eingehende Anrufe und Mitteilungen wird man direkt von der Uhr informiert. Die Steuerung erfolgt über einen hochauflösenden Touchscreen. Musikfans werden mit Spotify oder SoundCloud versorgt. Kartenmaterial für den nächsten Wandertrip wird von Komoot bereitgestellt. Alle Apps können auf dem internen Speicher gesichert werden.
Wer jetzt um die nützlichen Sport-Features von Fitness-Trackern und Sportuhren trauert – Smartwatches können auch das. Es lässt sich schnell erkennen, dass die Uhren sehr vielseitige Kerlchen sind. Das schlägt sich allerdings auch im Preis nieder. In unserem Testbericht reicht die Preisspanne der Smartwatches von rund 100 bis etwa 1000 Euro.
Wie Sportuhren verfügen die Smartwatches über einen integrierten GPS-Sender. Damit kann auch ganz ohne Smartphone der aktuelle Standort der Uhr getrackt werden. Das ist beispielsweise dann praktisch, wenn man mit leerem Handy-Akku in einer unbekannten Stadt herumirrt und trotzdem navigieren möchte. Im Gegensatz zu den robusteren Sportuhren sind die meisten Smartwatches nicht wasserdicht, sondern nur geschützt. Beim Schwimmen sollte man sie demzufolge ablegen. Vom einfachen Händewaschen lassen sie sich jedoch nicht beeindrucken.
Die Betriebssysteme sollten miteinander harmonieren
Das Smartphone ist an dieser Stelle ein wichtiges Stichwort. Die Smartwatch sollte kompatibel mit dem Betriebssystem des Handys sein. Zu den beiden gängigsten Smartwatch-Betriebssystemen zählen watchOS und Wear OS. Während watchOS von Apple entwickelt wurde, handelt es sich bei Wear OS um das Android-Pendant. Wie so häufig bei Apple harmoniert auch watchOS nur mit Apple-Geräten. Vielseitiger zeigt sich da Androids Wear OS, das sowohl mit Android als auch mit Apple-Smartphones gekoppelt werden kann. Als weiteres Betriebssysteme ist Fitbit OS zu nennen. Das funktioniert problemlos mit allen Betriebssystemen.
Eine eSIM ist eine digitale SIM-Karte. Sie ist im Gerät verbaut und wird direkt über den Telefonanbieter aktiviert.
Abgesehen vom Betriebssystem stellt sich die Frage, ob man ein Modell mit oder ohne SIM-Karte benötigt. Smartwatches mit SIM-Karten sind zum Beispiel beim Telefonieren unabhängig vom Smartphone nutzbar. Greift man zu einer Smartwatch ohne SIM-Karte, ist dafür eine stetige Verbindung zum Handy erforderlich. Anstelle einer SIM-Karte kann bei einigen Geräten eine eSIM genutzt werden. Damit hat man ebenfalls die Vorteile einer herkömmlichen SIM-Karte.
Der Kauf einer Smartwatch sollte im Vorfeld gut überlegt sein. Denn ganz so selbsterklärend sind diese Uhren nicht. Hat man schlussendlich den passenden Deckel zum Topf gefunden, ist ein reibungsloses Zusammenspiel zwischen Handy und Smartwatch möglich. Mit einer Smartwatch ist man somit immer über alles Wichtige informiert und hat Zugriff auf unzählige Apps. Dadurch wird der gewohnte Blick aufs Handy weitestgehend von der schlauen Armbanduhr abgelöst.
Die Sache mit dem Datenschutz
Jeder Anwender gibt mit der Nutzung eines Wearables zahlreiche Informationen preis, egal ob freiwillig oder nicht. Das lässt sich schnell erkennen, wenn man sich die eingeforderten Zugriffsrechte bei der ersten Verbindung zum Handy ansieht. Sie reichen vom aktuellen Standort über die Kontakte bis hin zur Fotogalerie. Informationen, die wohl die wenigsten mit einem unbekannten Dritten teilen möchten.
Bedenkt man, dass diese Daten durch die Nutzung der Smartwatch mit der »digitalen Selbstvermessung« der Körperfunktionen verknüpft werden, sollte man sehr genau hinsehen, welche Rechte man dem Anbieter der Smartwatches zugesteht. Der Umgang und die Sicherheit der personenbezogenen Daten stehen hier mehr denn je im Fokus. Welche weiteren Risiken es gibt und wie man sich am besten vor möglichen Datenverlusten schützt, schlüsselt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik auf.
Ein kleiner Ausblick
So futuristisch die Anwendung der schlauen Armbanduhren heute schon erscheint, die Zukunft der Wearables könnte noch spannendere Entwicklungen bereithalten. Neben den mittlerweile gängigen Vertretern dieser Produktsparte – Fitness-Tracker, Sportuhr und Smartwatch – erobern die tragbaren Tracker die Finger mit smarten Ringen, hängen sich als funktionelle Ohrringe an Ohrläppchen oder gehen als clevere Tattoos sogar unter die Haut. Letztere könnten Diabetikern zugutekommen, die ihre Blutzucker-Werte so deutlich unkomplizierter einsehen können.
Aktuelle Wearables ohne Hautdurchdringung eignen sich dafür bis jetzt nicht. Eventuell entwickelt sich die Technik auch so weit, dass es genügt, die Tracker für solche Werte nur am Körper zu tragen. Welches Wearable sich schlussendlich durchsetzten wird, kann man nicht vorhersagen. Projekte wie Google Glass scheiterten trotz großer Ambitionen. Doch egal ob auf oder unter der Haut, Wearables werden sich weiterentwickeln: So wie die Armbanduhr es tat.