0:1 gegen Mexiko : Jetzt ist Deutschland unter Druck
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Trauriger Abgang: Deutschland hat den WM-Auftakt verpatzt. Bild: AP
Es waren 90 Minuten, die man nicht oft erlebt. Am Ende schlichen die Deutschen zum WM-Auftakt geschlagen vom Platz. Beim 0:1 des Weltmeisters gegen Mexiko werden die Defizite in Löws Mannschaft schnell deutlich.
Es war eine flirrende Atmosphäre im Moskauer Luschniki-Stadion. Eine Kulisse für ein großes Spiel, der Stoff, aus dem eigentlich WM-Klassiker sind, 90 Minuten, wie man sie nicht oft erlebt. Am Ende aber schlichen die Deutschen geschlagen vom Platz. Gescheitert an einem Gegner, der in die Vollen ging, offensiv, verwegen, atemlos. Und an sich selbst. Es war erst der Auftakt in diese Weltmeisterschaft. Aber die Mannschaft von Joachim Löw blickte am Sonntag schon einmal in einen Abgrund. Wenn das, was die Mexikaner bei ihrem 1:0-Sieg lange Zeit mit ihnen veranstalteten, Schule machen sollte bei dieser WM, dann droht dem Weltmeister Ungemach. Begonnen hat die Mission Titelverteidigung jedenfalls mit einem satten Paukenschlag, der den Deutschen in den Ohren dröhnte.
Der Bundestrainer wählte eher die Tonart der Beschwichtigung. „Es gibt keinen Grund, jetzt völlig auseinanderzufallen“, sagte er. Bei einem solchen Turnier gebe es nun mal „solche Widerstände“, jetzt gehe es darum, die Situation anzunehmen und sich zu verbessern. „An unserer Linie halten wir fest.“ Das Beunruhigende aber war, dass sich bei Löws Team exakt jene Schwächen schonungslos offenbarten, die sich schon in den vergangenen Wochen abgezeichnet hatten: Angesichts der Nöte, Offensive und Defensive in eine halbwegs verlässliche Balance zu bringen, war die ganze Spielanlage ein heikler Fall – zumindest so lange die Mexikaner noch bei Kräften waren. Hirving Lozano nutzte in der 35. Minute die große deutsche Konfusion zur Führung für Mexiko, die letztlich auch den Sieg bedeutete.
Löw sprach davon, dass die Mannschaft zu Beginn „ungewohnterweise nervös“ gewesen sei. Das Passspiel „fahrig“, die Räume schlecht genutzt. Es sprach für die Deutschen, dass sie sich in der zweiten Hälfte aufbäumten, und als die Mexikaner ihrem hohen Tempo zu Beginn Tribut zollten, kamen sie dem Ausgleich nahe. Am Ende aber blieb der Eindruck einer Mannschaft, die längst noch nicht in der Verfassung wirkt, in Russland Großes zu erreichen. Und angesichts ihrer inhärenten Defizite, etwa in Sachen Tempo, ist nicht gesagt, dass sich daran grundsätzlich etwas ändern wird. „Wir haben es ihnen viel zu leicht gemacht“, schimpfte Mats Hummels. „Was ich anspreche intern, fruchtet oft noch nicht so ganz. Wir müssen jetzt zweimal gewinnen, sonst war es das mit der WM.“
Nach der unerwarteten Pleite zum Auftakt stehen den Deutschen nun zwar vermutlich leichtere Aufgaben bevor, am nächsten Samstag in Sotschi gegen Schweden und dann zum Gruppenabschluss gegen Südkorea. Aber spätestens danach lauern weitere Gegner vom Zuschnitt Mexikos – oder sogar stärker. So weit wollte Löw am Sonntag noch nicht blicken.
Knapp drei Stunden vor Spielbeginn war durchgesickert, dass Jonas Hector ausfallen würde. Der Linksverteidiger hatte sich eine Erkältung eingefangen. Löw besetzte positionsbezogen nach, und so kam Marvin Plattenhardt nicht nur zu seinem siebten Länderspiel, sondern auch gleich zum ersten WM-Einsatz. Gefährlich wurde es für die Deutschen aber zunächst auf der rechten Abwehrseite – und wie. Noch nicht einmal eine Minute war vorüber, da hatte Carlos Vela seinen Kollegen Lozano freigespielt, der setzte schon zum Schuss an, und im letzten, wirklich allerletzten Moment warf sich Jerome Boateng dazwischen. Eine wertvolle Rettungstat, aber kein Anlass, durchzuschnaufen.